Denkt man an Kardinal König, dann fällt einem unwillkürlich das große Gespräch ein, das große Gespräch zwischen verschiedenen Religionen, zwischen unterschiedlichen Weltanschauungen, zwischen Menschen verschiedenster Herkunft und Gesinnung. Vieles, was heute zwischen Menschen, auch in der Kirche, geschieht, ist nicht Dialog, sondern Monolog. Monologe zu führen, war nicht die Sache von Kardinal König. "Seine Sache" war das Gespräch.
Das große Gespräch, bei welchem man den Gesprächspartner ganz ernst nimmt, auch wenn man sich mit dessen Meinung nicht immer identifizieren kann. Das Gespräch, bei welchem man sich vielmehr mit seinen Beweggründen auseinandersetzt und ihm das Gefühl gibt, nicht vorschnell abgeurteilt zu sein. Bei solchen Gesprächen, wie sie Kardinal König sein ganzes Leben lang auf alle möglichen Weisen zu führen versucht hat, muss man viel Geduld beweisen, muss man manchmal sein Äußerstes geben, nie aber wird man dabei ängstlich sein, denn – wie Kardinal König immer sagte – man weiß: "… der eigentliche Gesprächsleiter wird Gott sein müssen. Und das Gespräch des einzelnen mit Gott ist die Voraussetzung, dass das Gespräch der Kirche gelingen kann."
Das Gespräch, der Dialog, durch den man sowohl von sich erzählt, als auch über den anderen etwas erfährt und so oft unbegründete Ängste und Vorurteile abbauen kann, war für Kardinal König daher vor allem ein wichtiges Instrument für den Frieden. "Um das gegenseitige Misstrauen zu zerstören, um die Herzen der Menschen einander näher zu bringen, dazu brauchen wir den Dialog", sagte er 1964 in seiner großen "Ansprache an Nicht-Christen" im Rahmen des Eucharistischen Weltkongresses in Bombay. Er berief sich dabei auf die Enzyklika "Ecclesiam suam", in der Papst Paul VI. die Katholiken zum Dialog mit der Welt aufgerufen hatte, zu einem Dialog, "der sich durch Klarheit, Wahrheit, Sanftmut und Vertrauen auszeichnen sollte."
Dieser, den Kardinal König immer als den – seiner Meinung nach in all seiner Demut – größten Papst seiner Zeit bezeichnet hat, hatte am 6. August 1964 mit dieser seiner ersten Enzyklika gewissermaßen das Programm seines Pontifikates vorgelegt. Im Kontext des II. Vatikanischen Konzils verfasst, legt er für die Kirche einige neue Grundregeln fest: Der Dialog, das Gespräch im theologischen und kirchlichen Raum wurde durch das Konzil nicht erfunden, auch nicht entdeckt, wohl aber wurde er durch das Konzil als eine Grundhaltung der Kirche bestätigt.
Vier Jahre danach, 1968, bezeichnete der Kardinal in einem Vortrag auf der ersten christlich-marxistischen Dialogkonferenz in Santa Barbara, Kalifornien den Dialog als ein "Abenteuer". Als Präsident des Sekretariats für die Nichtglaubenden sprach er sich damals sozusagen für einen freien Wettbewerb aus, meinte aber: "Es können nicht Institutionen miteinander reden, sondern nur Personen, mit klaren und festen eigenen Anschauungen. Dies ist der beste Ausgangspunkt für ein Gespräch in Freiheit und Bereitschaft zu wechselseitigem Lernen."
In diesem Zusammenhang ist Kardinal König immer auch für recht verstandene Toleranz eingetreten, ohne die seiner Ansicht nach, menschliche Gemeinschaft nicht funktionieren kann. Im Gegensatz zur Gleichgültigkeit setzt allerdings wahre Toleranz das je eigene Bekenntnis voraus. Wörtlich erinnerte er daher immer wieder: "Soll ich die Meinung des anderen dulden und achten, dann muss ich eine eigene Meinung haben. Denn habe ich keine eigene Überzeugung, dann ist mir auch die Überzeugung des anderen kein Gegenstand der Achtung, sondern der Gleichgültigkeit." Aus dieser Einstellung heraus hat Kardinal König auch wiederholt die zunehmende religiöse Unwissenheit bedauert und die Menschen ermuntert, sich für ihren eigenen Glauben mehr zu interessieren und das Wissen um dessen Inhalte nach und nach zu erweitern.
Er selbst konnte, gut gerüstet durch natürliche Anlagen ebenso wie durch seine Studien, Zeit seines Lebens Gespräche – ohne Berührungsängste – innerhalb seiner Kirche, mit den getrennten christlichen Kirchen, mit den großen Weltreligionen, mit Vertretern der Wissenschaft, mit jenen, die anderen Weltanschauungen anhängen und mit jenen, die an gar nichts glauben können, führen.