Auferstehung - die 15. Kreuzwegstation
Der Bericht des heutigen Evangeliums vom zweiten Fastensonntag fällt ganz aus dem gewohnten Rahmen. Wir hören sonst in den Texten des sonntäglichen Evangeliums Berichte über die Menschen von damals in Israel, die Jesus mit seinen Worten und heilenden Taten bestaunten und als einfache Leute in wachsender Zahl die Frage stellten: "Wer ist denn dieser Jesus aus Nazareth? Ist er vielleicht der Messias?" Die offiziellen Vertreter Jerusalems, gering an Zahl, aber mächtig an Einfluss, lehnten ihn ab: "Er stiftet nur Unruhe, hört nicht auf ihn!" So hieß es. Heute aber berichtet uns der Evangelist Markus von jenem Licht der Verklärung auf dem Berge Tabor. Die plötzliche Helle, wie aus einer anderen Welt, sollte, so war es wohl die Absicht des Evangelisten, für die Apostel ein Anhaltspunkt sein, um den gänzlichen Zusammenbruch eines noch schwachen Glaubens am Karfreitag zu verhindern.
Für die Pfarre St. Nikolaus in Inzersdorf hat dieser Text von der Verklärung am Berge Tabor noch eine andere Bedeutung: Wenn ich jetzt im Anschluss an das Evangelium, das heißt, mit dem zu Ende gehenden Wortgottesdienst, am Beginn der Eucharistiefeier, das Weihegebet über den neuen Kreuzweg, den Professor Lehmden für eure Pfarre entworfen und ausgeführt hat, spreche, so fällt, so möchte ich sagen, ebenfalls ein helles Licht der Freude und der Dankbarkeit auf dieses große Werk unseres europaweit bekannten Malers und Grafikers der Wiener Schule des fantastischen Realismus. Mit dem Weihegebet wird nun dieser Kreuzweg in das Eigentum der Pfarre St. Nikolaus in Inzersdorf übergeben. Dieser Kreuzweg wurde in seinem Entstehen vom Interesse und von der Begeisterung der Pfarrgemeinde mitgetragen. Denn die hierfür notwendigen finanziellen Mittel wurden in einer erstaunlich kurzen Zeit durch große und viele kleine Spender aufgebracht. Darüber hinaus hat aber Professor Lehmden in großzügiger Weise ebenfalls seinen Teil dazu beigetragen.
Mit dem Weihegebet fällt aber auch ein helles Licht auf die künstlerische Planung und religiöse Inspiration des Kreuzweges. Die Kreuzwegandacht ist erst seit dem 15. Jahrhundert durch den Franziskanerorden besonders gefördert worden und im Laufe der Zeit hat diese Andacht die Form von vierzehn Kreuzwegstationen mit den dazu gehörigen kurzen Betrachtungen und Gebeten angenommen. Diese so in sich geschlossene Andacht des Kreuzweges kann aber, nach dem Bericht der Schrift, fortgesetzt werden durch den Hinweis auf die Auferstehung als Krönung des Heilsweges unseres Herrn. Und als Zeichen der Hoffnung und Zuversicht für uns alle, die wir seinen Weg gehen.
In diesem Sinne ist der Kreuzweg von St. Nikolaus mit seiner 15. Station eine Fortsetzung und ein Abschluss der Passionsgeschichte mit der Auferstehung, als Zeichen der Freude und der Zuversicht. Die 15. Station will uns daher sagen, dass unser Weg als Christen wohl durch all die Sorgen und Mühen des grauen Alltags führt, dass wir aber am Ende nicht bloß vor der Frage stehen: "Wozu die Sorgen und Mühen meines Weges? Welchen Sinn hat mein Leben?", sondern dass sich allen, die mit Christus ihren Weg gehen, ein Tor auftut, um in jenes Land zu gelangen, wo der Tod keine Macht mehr hat. So ist der Kreuzweg mit seiner 15. Station eine sichtbare Antwort auf die großen Fragen des Menschen, wie sie das letzte Konzil in der Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen so eindringlich zusammenfasst. Ich weise immer wieder daraufhin: "Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? Woher kommt das Leid und welchen Sinn hat es? Was ist der Weg zum wahren Glück? Und schließlich: Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen?"
Zum Inzersdorfer Lehmden-Kreuzweg
Im Oktober 1998 besuchte eine Gruppe von Inzersdorfer Pfarrangehörigen eine Ausstellung des Künstlers Anton Lehmden in dessen Heimatort Deutsch Kreuz. Nach einem Besuch der dortigen Pfarrkirche, für die Prof. Lehmden einen neuen Kreuzweg geschaffen hatte, entstand der Wunsch, einen ebensolchen für die Inzersdorfer Pfarrkirche, die bereits 1980 von Prof. Lehmden gestaltete Fenster bekommen hatte, zu schaffen. Dank großer Hilfsbereitschaft von vielen Seiten konnte dieser Wunsch auch in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Die Einweihung des Kreuzweges durch Kardinal König im Jahr 2000 wurde zu einem großen Fest. Bischofsvikar Rühringer, der zu diesem Zeitpunkt Pfarrer in Inzersdorf - St. Nikolaus gewesen war, stellte freundlicherweise die Bilder zur Verfügung und schrieb in einem Beitrag dazu: "Die Bilder wirken auf den ersten Blick möglicherweise sehr bunt und farbenfroh. Bei näherer und eingehender Betrachtung lösen sie Nachdenklichkeit, ja tiefe Betroffenheit aus. Sie fordern heraus, zum Dialog, zum Gebet."
Prof. Anton Lehmden
- * 2. Jänner 1929 in Nitra, Slovakei
- österreichischer Maler und Druckgrafiker
- bedeutender Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus
- Ab 1945 Studium bei Albert Paris Gütersloh an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, wo er später - 1971-1997 - auch als Professor lehren sollte.
- Er gestaltete unter anderem die U-Bahnstation Volkstheater in Wien, wie auch die zum St. Georgs-Kolleg gehörige Kirche in Istanbul.
- Prof. Lehmden lebt in Deutschkreuz im Burgenland.