Priesterweihe 1968
Bevor die Priesterweihe begann, hat der Bischof im Namen der Konzelebranten, der Neupriester und ihrer Verwandten, im Namen der festlich in der Bischofskirche versammelten Gemeinde die Bitte des heutigen Tages im Kirchengebet zusammengefasst mit den Worten: "O Gott, Du hast den heutigen Tag durch das Martyrium der Apostel Petrus und Paulus geheiligt, lass nun Deine Kirche in allem den Lehren derer folgen, durch die die Ausbreitung des Glaubens begonnen hat". - Beide Apostel haben in Rom das Christentum verkündet, beide haben in dieser Stadt das Martyrium erlitten, deswegen wird ihr Fest am gleichen Tage gefeiert. Dieser Tage hat uns noch dazu die Nachricht erreicht, dass es nach langen Untersuchungen gelungen sein, die Reliquien des Apostel Petrus unter der Confessio von St. Peter zu identifizieren. Auch das ist für uns ein Anlass der Freude und des dankbaren Gedenkens.
Im Kirchengebet haben wir aber auch die Bitten geschlossen, dass wir ihre Lehre, d. h. die Lehre der Apostel, befolgen und ihr treu bleiben. Wenn wir heute feierlich eingezogen sind und uns um den Altar, der Christus versinnbildlicht, versammeln, dann tun wir das, was die Apostel als Christi Lehre und Auftrag an ihre Nachfolger weitergaben: "So oft ihr dies tut, tut es zu meinem Gedächtnis". - Eine Anzahl von Diakonen sind mit eingezogen, um das Sakrament der Priesterweihe zu empfangen durch Handauflegung des Bischofs, dem sich unsere beiden Bischöfe zugesellt haben, und alle anwesenden Priester, um die Einheit des Priestertums, die enge Verbindung zwischen Bischofsamt und Priestertum zum Ausdruck zu bringen. Auch damit haben wir nichts anderes getan als die Lehre der Apostel befolgt. Denn das Sakrament der Priesterweihe wie die übrigen Sakramente geht auf die Apostel und ihren Auftrag zurück. Wenn auch die Namen des geistlichen Amtes nicht von Anfang gleich waren, die Sache - und darauf kommt es an - ist gleichgeblieben.
Man spricht heute gelegentlich davon, dass in der nachkonziliaren Zeit die Auffassung vom Priestertum, das Priesterbild, undeutlich und unscharf geworden sei. Dazu will ich als Bischof feststellen, dass in der weit ausholdenden Erneuerung der Kirche, in der das Menschliche in der Kirche einer Reform unterzogen wird, damit das Göttliche in ihr deutlicher und sprechender werde, dass in dieser zwar Akzente sich verschieben, aber das Wesen des katholischen Priestertums dadurch nicht berührt wird. Das Priesterbild wird nur dann schwankend, wenn man das Glaubensverständnis (sensus fidelium) der Gläubigen missachtet, wenn man die Schrift von der Überlieferung trennt, wenn man das allgemeine Priestertum nicht unterscheidet vom Amtspriestertum oder Priestertum des Dienstes. Gerade was das letztere angeht, so gehört es zu den wertvollen Zeichen unserer Zeit, dass durch die letzte allgemeine Kirchenversammlung das allgemeine Priestertum der Gläubigen wieder in den Vordergrund gerückt wurde, dass damit die Mitarbeit und Mitverantwortung der Laien für das Reich Gottes in unserer unruhigen Zeit wieder sehr betont wird. Aber die Unterscheidung des Amtspriesertums oder des Priestertums des Dienstes vom allgemeinen Priestertum der Gläubigen ist durch die gleiche Kirchenversammlung - somit der höchsten Lehrautorität in der Kirche - sehr deutlich und klar geschehen, sodass niemand, der guten Willens ist, daran zweifeln kann. Im offiziellen Lehrdokument, in der Dogmatischen Konstitution über die Kirche, lesen wir in Nr. 10: "Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen und das Priestertum des Dienstes, d.h. das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich im Wesen und nicht bloß dem Grade nach. Dennoch sind sie einander zugeordnet. ... Der Amtspriester nämlich bildet kraft seiner heiligen Gewalt, die er innehat, das priesterliche Volk heran und leitet es; er vollzieht in der Person Christi das eucharistische Opfer und bringt es im Namen des ganzen Volkes dar. Die Gläubigen hingegen wirken kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit und üben ihr Priestertum aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines christlichen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe."
Die diesjährige Priesterweihe ist ausgezeichnet durch die Anwesenheit des Oberhauptes der rumänisch-orthodoxen Kirche, des Patriarchen Justinian. Ich möchte ihm im Namen aller Anwesenden einen herzlichen und verehrungsvollen Gruß entbieten. Gerade seine Anwesenheit, die wir am heutigen Tag besonders schätzen, legt uns den Hinweis nahe, dass unser - durch Schrift und Tradition, durch die Kirchenversammlung erneuertes Priesterbild - durch die orthodoxe Kirche geteilt wird. Die orthodoxen Kirchen lehnen eine Vermengung des allgemeinen Priestertums der Gläubigen mit dem Amtspriestertum entschieden ab. Und wer solches tut, dient nicht dem ökumenischen Anliegen unserer Zeit, nicht der ökumenischen Verständigung zwischen der Orthodoxen und der Katholischen Kirche.
Der Priester ist nicht Angehöriger eines privilegierten Standes, einer vom Volk verschiedenen Kaste, denn er ist durch seinen Dienst dem Volk verbunden und seiner Gemeinde zugeordnet.
Aus der Ansprache, die der weihende Bischof eingangs an die Neupriester gehalten hat, möchte ich zwei Sätze herausgreifen, weil sich in ihnen Schrift und Tradition deutlich spiegeln: Der Priester wird einerseits mit dem Steuermann eines Schiffes verglichen, der die Verantwortung für die Mitreisenden trägt. Die Mitreisenden erwarten mit vollem Recht, dass ihr Priester, der sie als Gemeinde führt und leitet, ein guter Steuermann sei. Nicht jeder beliebige kann das Steuer ergreifen, sondern nur der, welcher dazu bestellt und beauftragt wurde durch die Priesterweihe und den Willen des Bischofs.
Im zweiten Teil der Ansprache haben wir gehört, dass der Priester bestellt ist, um für seine Gemeinde Sorge zu tragen. Dies tut er durch das Lehr- und Priesteramt und Hirtenamt. Die Sendung Christi wird gewiss auch im gemeinsamen Priestertum der Laien wie im Amtspriestertum gegenwärtig. Dennoch ist das Weihepriestertum der Kirche vom gemeinsamen Priestertum der Kirche so eindeutig unterscheiden, dass in der Kirche das Amtspriestertum durch ein eigenes Sakrament eindeutig hervorgehoben wird. So wie sich der Getaufte von Nichtgetauften wesentlich und sakramental unterscheidet, so unterscheidet sich der geweihte Priester vom gemeinsamen Priestertum der Gläubigen. Durch dieses Sakrament wird der Priester dazu berufen, in persona Christi zu handeln, Repräsentant Christi, des Erlösers, gegenüber seinem Volke zu sein. Damit sagen wir und tun wir nichts anderes, als was die Befolgung der Lehre der Apostel von uns verlangt. Wer den Sinn für diesen innersten Kern des Apostelamtes verliert, hat ein wesentliches Element der Heiligen Schrift und der Lehre der Apostel verloren. Die Anrufung der Apostel Petrus und Paulus verweist uns darauf, ihre Lehre treu zu befolgen. Ihre Lehre aber wurzelt in Jesus Christus, dem Heiland der Welt.
"Ich nenne auch nicht mehr Knechte, sondern Freunde, weil ihr erkannt habt, was ich in eurer Mitte getan habe ... . Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt, damit ihr hingeht und Frucht bringet und eure Frucht von Dauer sei." (Joh 15,15.16). Das ist auch mein Wunsch, meine lieben Neupriester, den ich in dieser Stunde auf die erste Seite eures priesterlichen Lebensbuches schreiben will.