Der Laie in der Kirche in nachkonziliarer Sicht
Herzlichen Dank für die Einladung, zu Ihrer Tagung zu kommen, um über die Aufgabe und Bedeutung des Laienapostolates in der Kirche von heute zu sprechen. Für einen Wiener ist es übrigens immer ein willkommener Anlass, wieder einmal in Ihre schöne Stadt nach Prag kommen zu können.
Als einer der noch lebenden Zeugen und Teilnehmer am II. Vatikanischen Konzil kann ich so einiges berichten über Geist und Anliegen dieser großen ökumenischen, das heißt, allgemeinen Kirchenversammlung, um damit ein wenig anzudeuten, aus welchem Geiste das Dokument oder die Hinweise auf das Laienapostolat der Kirche gewachsen sind.
Lassen Sie mich noch hinzufügen, dass ich als emeritierter Erzbischof von Wien mich durch fast dreißig Jahre bei verschiedenen Gelegenheiten bemüht habe, das Bewusstsein über das Laienapostolat in der Kirche als eine besondere Aufgabe für die Kirche der Zukunft wecken. In meiner Zeit als Erzbischof von Wien sprach man viel über Katholische Aktion und weniger über das Laienapostolat. Aber im Grunde ging es dabei um die gleiche Aufgabe.
Im Anschluss an das letzte Allgemeine Konzil war es meine Aufgabe als Erzbischof von Wien gewesen, die Konzilsbeschlüsse - auf der diözesanen Ebene - soweit dies eben die einzelnen Diözesen anging, - durch eine offizielle Diözesansynode zu besprechen und in die Tat umzusetzen. Diese Synode wurde von 1969 bis 1971 in mehreren Abschnitten gehalten und ist unter dem Titel Leben und Wirken der Kirche von Wien im Jahre 1972 im Druck erschienen. Bei dieser Synode haben katholische Laien, Männer und Frauen, sowie Vertreter von verschiedenen Jugendorganisationen sehr intensiv mitgearbeitet.
Das II. Vatikanum hatte unter seinen 16, offiziell verabschiedeten Beschlüsse und Dokumenten ein eigenes Dekret über das Laienapostolat vorbereitet und nach längeren Behandlungen in den Generalversammlungen schließlich im Herbst 1965 feierlich verabschiedet. In der Dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen gentium findet sich ein eigenes Kapitel über die zukunftsweisende Bedeutung des Laienapostolates für die Kirche. Um die Zusammenhänge deutlicher zu machen, will ich zuerst einiges über das Konzil und sein Anliegen im Allgemeinen sagen.
Wie sie vielleicht wissen, ist das II. Vatikanum das 21. in der Reihe der Allgemeinen oder Ökumenischen Konzilien der Kirche. Das letzte Konzil, das II. Vatikanum, begann im Oktober 1962 und wurde im Dezember 1965 von Papst Paul VI. feierlich abgeschlossen. Aufgabe der Bischöfe auf den Allgemeinen Konzilien war oder ist es, in Sachen des "christlichen Glaubens und christlichen Lebens verbindliche Beschlüsse zu fassen"; denn es geht dabei immer um Lehraussagen des obersten kirchlichen Lehramtes, die alle Christgläubigen binden.
Alle Ökumenischen Konzilien haben Kirchengeschichte, bzw. Geschichte gemacht. Bereits das 1. Allgemeine Konzil zu Nicäa (325 im damaligen oströmischen Reich) hatte der Gefahr einer Kirchenspaltung durch den Arianismus zu begegnen. Es war der römische Kaiser Konstantin, der dieses Konzil als "Reichssynode" im Interesse seines Reiches einberufen und dabei eine Eröffnungsrede in lateinischer Sprache, der damaligen Reichssprache, gehalten hatte. Er ermahnte die Bischöfe zur Einheit und überließ dann die Führung des Konzils den Bischöfen.
Papst Johannes XXIII. hatte zur großen Überraschung innerhalb und außerhalb der Kirche das II. Vatikanum angekündigt und nach 3 Jahren einberufen. Nach seinem Tode, ein Jahr nach Konzilsbeginn, hat es Paul VI. weitergeführt und vollendet. Die Zahl der Teilnehmer betrug rund 2 1/2 Tausend Bischöfe. Während beim I. Vatikanum (1869/70) die Zahl der Teilnehmer 769 betrug, waren es beim letzten Konzil mehr als dreieinhalbmal so viel. Dieses Zahlenverhältnis ist zugleich ein äußeres Zeichen, wie sehr die Kirche in diesen Jahren gewachsen war. Beim I. Vatikanum kam kein eingeborener Bischof aus Afrika, beim letzten Konzil nahmen 135 eingeborene Bischöfe aus Afrika teil. Durch die bunte Zahl der Rassen und Sprachen, durch die betonte Internationalität kam damals zum Ausdruck, dass die Katholische Kirche in der Zwischenzeit Weltkirche geworden war. Mir wurde damals bewusst - und ich glaube, ich war nicht der Einzige, - dass es an der Zeit wäre für unsere Kirche, ihr europäisches Kleid abzulegen. Mir wurde damals aber auch bereits deutlich, dass Einheit und Vielfalt in der Kirche von großer Bedeutung seien und damit aber neue Probleme für die Zukunft erstehen würden. Dass damals auch eine kleinere Anzahl von Bischöfen jenseits des Eisernen Vorhanges teilnehmen konnte, war für uns alle eine Sensation.
Und seit dem letzten Konzil ist es durch die internationale Besetzung der führenden Ämter in der Kirche deutlich geworden, dass die Kirche nicht mehr eine europäische Kirche ist. Aber dass ein Dutzend Jahre nach dem Konzil ein Vertreter der slawischen Völker das Petrusamt im Vatikan übernehmen würde, um der Gesamtkirche vorzustehen, hätte wahrscheinlich zu Beginn des Konzils niemand im Ernst gedacht.
Alle 16, offiziell vom Konzil feierlich verabschiedeten Beschlüsse sind lange und wiederholt behandelt und in Teilen abgeschnitten worden; mit der Schlussabstimmung erhielten sie auch die Unterschrift des Papstes Pauls VI. Denn zur gesamtkirchlichen Gültigkeit eines Konzils gehört es, dass es nicht nur vom Papst einberufen, durch seine Vertreter geleitet, sondern am Schluss auch vom Papst selbst durch Unterschrift beglaubigt wird. Dass auf dem letzten Konzil nicht nur menschliche Klugheit und Treue zur Kirche das Geschehen lenkte, sondern dass es, ebenso wie die früheren Konzilien unter der Führung des Heiligen Geistes stand, kam bei verschiedenen Anlässen immer wieder zum Ausdruck.
Jedes Konzil richtet den Blick der Kirche in die Zukunft. In diesem Sinne sind auch vom letzten Konzil wichtige Impulse von großer Bedeutung ausgegangen: ich nenne vor allem die Dogmatische Konstitution über die Kirche als Gottesvolk, ich nenne das Dekret über den Ökumenismus, jenes über das Laienapostolat, sowie jenes über das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen, wie auch das Dokument über Freiheit der Religion, das heißt, Freiheit für die Religion im Staate, und damit die Menschenrechte.
Es war ein besonderes Anliegen des Konzils, ein Dokument über die Kirche - was sie über sich selbst zu sagen hat, - in Angriff zu nehmen. Nicht zuletzt wollte man damit einer in den Medien verbreiteten Auffassung begegnen, die Kirche sei eine Institution wie andere auch, die nach demokratischen Spielregeln allein funktioniere.
Mit einer grundsätzlichen Darstellung dessen, wofür sich die Kirche selber hält, wollte man sich aber nicht nur an die eigenen Gläubigen wenden, sondern gleichzeitig nach außen, sozusagen der ganzen Welt sich als Kirche darstellen, darstellen als eine Einheit von sichtbarem und unsichtbarem, von erkennbarem und verborgenem, als die Einheit von göttlichen und menschlichen Elementen. Und daher steht "Lumen gentium" im Zentrum der Konzilsbeschlüsse.
Daher haben jene Aussagen über die grundsätzliche Bedeutung und Einschätzung des Laienapostolates, die in der Kirchenkonstitution in einem eigenen Kapitel behandelt werden, ein besonderes Gewicht. Hier findet sich der Satz: Die Behandlung des Laienapostolates, in Verbindung mit der Kirche, sei wichtig geworden, "wegen der besonderen Verhältnisse unserer Zeit". Und daran schließt sich die Feststellung: "... weil die geweihten Hirten sehr wohl wissen, wie viel die Laien zum Wohl der ganzen Kirche beitragen" (LG 30).
Das Konzil hatte aber nicht die Absicht, auf die Diaspora-Situation in der Kirche einzugehen, so als ob die Laien nur als Lückenbüßer für die zu geringe Zahl des Klerus zu sehen wären. Man wollte eher in positiver Weise vom Weltauftrag der Laien heute sprechen. Obwohl ein eigenes Dekret über das Laienapostolat vom Konzil bereits geplant war, wollte man grundsätzliche Orientierungen zuerst in Verbindung mit der Kirche behandeln.
Das Laienapostolat ist schlicht und einfach im Dokument beschrieben als "Teilhabe an der heiligen Sendung der Kirche selbst" (LG 33). Taufe und Firmung sind der Weg dazu. - Daran schließen sich noch andere, orientierende grundsätzliche Sätze aus dem Kirchendokument, die zeigen wollen, wie sehr man heute die pastorale Bedeutung des Laienapostolates der Kirche bewertet und schätzt: "Die Laien sind besonders dazu berufen, die Kirche an jenen Stellen und in den Verhältnissen anwesend und wirksam zu machen, wo die Kirche nur durch sie Salz der Erde werden kann. So ist jeder Laie kraft der ihm geschenkten Gaben zugleich Zeuge und lebendiges Werkzeug der Sendung der Kirche selbst" (LG 33). [Damit konnte sich das Konzil übrigens bereits auf die von Pius XI. 1931 veröffentlichte Enzyklika Quadragesimo anno berufen. - Aufgabe der Bischöfe sei es daher, "Würde und Verantwortung der Laien in der Kirche anzuerkennen und zu fördern" (LG 37).
Ein anderes Dokument des Konzils, Gaudium et Spes (Nr. 43), legt den Finger auf eine wunde Stelle unserer Kirchengeschichte mit folgendem Hinweis: "Gerade in unserer Zeit weiß die Kirche, wie groß der Abstand ist zwischen der von ihr verkündeten Botschaft und der menschlichen Armseligkeit derer, denen das Evangelium anvertraut ist. Wie immer auch die Geschichte über all dies Versagen urteilen mag, wir selber dürfen dieses Versagen nicht vergessen, sondern müssen es unerbittlich bekämpfen ... die Mutter Kirche mahnt daher unablässig ihre Kinder, 'zur Läuterung und Erneuerung, damit das Zeichen Christi auf dem Antlitz der Kirche klarer erstrahle.' (vgl. dazu LG 15). Gewiss gilt diese Mahnung für alle Glieder der Kirche und nicht nur für Laien, sondern ebenso auch für Priester und Ordensleute. Aber das Beispiel und Zeugnis der Laien hat gerade in unserer Zeit eine besondere Kraft und Würze. - vgl. dazu Mt 5,13: Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt nichts mehr und wird weggeworfen und von den Leuten zertreten". Wenn man dies vielleicht früher eindeutig auf den Stand der Kleriker und Ordensleute bezogen hat, so erhält dieser Vergleich durch das Laienapostolat neue Akzente. Denn in unserer Welt beachtet man das Zeugnis der Laien heute oft mehr als das der Priester und Ordensleute.
Das Anliegen der Kirchenkonstitution Lumen gentium, von der ich bisher gesprochen habe, war es also, eine Verbindung mit dem Gesamtbild der Kirche herzustellen, einfach Zeichen zu setzen und damit auf die Notwendigkeit einer Förderung des Laienapostolates in unserer Zeit aufmerksam zu machen. Ganz ausführlich aber geht ein eigenes Dekret über das "Laienapostolat", genannt Apostolicam actuositatem auf alle Fragen ein, die mit dem Laienapostolat grundsätzlich und organisatorisch zusammenhängen. Dieses Dokument will ich nun im Folgenden behandeln.
In der Geschichte der Kirche geschah es zum ersten Mal, dass ein solches Thema überhaupt auf einem ökumenischen Konzil behandelt wurde. Die Vorbereitung des Dekretes über das Laienapostolat nahm geraume Zeit in Anspruch. Es war erst die vierte Textvorlage zu diesem Dekret, die nach Einarbeitung vieler Verbesserungsvorschläge am 18. November 1965 - das war ungefähr drei Wochen vor Konzilsschluss - von den Konzilsvätern mit 2340 Ja-Stimmen und nur 2 Nein-Stimmen feierlich verabschiedet wurde. Manche Kommentatoren haben mit Recht aufmerksam gemacht, dass dieses Dekret nicht nur das Apostolat der Laien behandle, sondern dass es darüber hinaus auch wichtige Aussagen über die Stellung des Laien überhaupt in der Kirche mache.
Im Folgenden will ich versuchen, die wichtigsten Themen und Aussagen des Laiendekretes zusammenzufassen. Der Text des Dekretes umfasst in 6 Kapiteln 33 Artikel. Das sind in der Herderschen Ausgabe des Konzilskompendiums 32 Textseiten.
Nach einer einleitenden Bemerkung über die Berufung zum Laienapostolat wird
1. darauf hingewiesen, dass wir im Heilsweg der Kirche, im kirchlichen Dienst, zwei Gesichtspunkte unterscheiden müssen: einmal ist es der Dienst in der Kirche durch Wort und Sakrament; an diese beiden haben auch die Laien, wörtlich "einen bedeutsamen Anteil". Daraus ergibt sich, dass das Laienapostolat und der Dienst der Hirten sich gegenseitig ergänzen. Zum anderen aber gibt es neben dem Dienst am Wort und Sakrament noch eine zeitliche Ordnung, deren Aufbau durch den Geist des Evangeliums gefördert und gestärkt werden soll. Dies ist aber nicht als ein Hilfsmittel anzusehen, um das Heil zu erlangen, sondern dieser Aufbau der zeitlichen Ordnung besitzt einen Eigenwert autonomer Art. Die größere Zuständigkeit der Laien bezieht sich auf diesen Aufbau der zeitlichen Ordnung. Hier sollen die Laien, wie das Dekret wörtlich sagt, "unmittelbar und entscheidend handeln" (Nr. 7). - Gerade in Ihrem Lande, nach Jahrzehnten der Verfolgung und Unterdrückung, ergeben sich ohne Zweifel noch andere und neue Aspekte für diese Konzilsaussagen.
Aber dieses Grundkonzept des Konzils von den beiden verschiedenen und doch verbundenen Bereichen ist übrigens in keinem anderen Konzilsdokument so ausführlich und klar entwickelt wie hier.
Ich komme zum
2. Was den Ort eines Einsatzes des Laienapostolates angeht, so verweist das Dekret auf Pfarre, Diözese, auf internationale und nationale Ordnungsbereiche; es verweist auf die Mitverantwortung für die Gesamtkirche. Ehe und Familie sind natürlich erster und wichtigster Ort, wo das Laienapostolat sich betätigen soll. Dazu findet sich im Dekret der schöne Satz, dass die Ehegatten füreinander die ersten und wichtigsten Seelsorger sind. Ein Hinweis auf das Familienapostolat, auf Familiengruppen schließt sich an. Eine größere Teilnahme der Frauen an diesem Apostolat wird ausdrücklich hervorgehoben. Überall aber gehe es darum, die Einheit von Glauben und Leben anzustreben.
Auf das pastorale Bemühen, wie man der Verflachung der sakramentalen Lebensordnung, wenn es zu einem bloßen Brauchtum wird, begegnen sollte, darauf geht das Dekret allerdings nicht ein.
Ich komme zum
3. In diesem Abschnitt ist der Hinweis auf die verschiedenen Formen des Apostolates wichtig, das heißt, man sollte nicht nur das Apostolat als Gemeinschaftsform oder Organisation ansehen; so wichtig das ist, - das Apostolat des Einzelnen nämlich kann durch nichts ersetzt werden. - Das gilt besonders dann, wenn die Kirche nicht frei ist, wenn sie vom Staat unterdrückt wird. - Im Artikel 20 geht das Dekret ausführlich auf die Katholische Aktion (KA) ein. In der Zeit vor dem Krieg wollte ja Pius XI. auf das Apostolat der Laien mit dem viel diskutierten Stichwort "Katholische Aktion" aufmerksam machen. Das Dekret meint dazu: Die Katholische Aktion wird als "Mitarbeit der Laien am hierarchischen Apostolat der Kirche" bezeichnet. Die Katholische Aktion hätte in der Kirche reiche Frucht gebracht; sie sei aber nicht die einzige Form des Laienapostolates, sondern daneben hätte es immer schon verschiedene echte laienapostolische Formen gegeben. Im Anschluss daran werden vier Merkmale aufgezählt, die für alle Formen des Apostolates der Laien gelten müssen. Wörtlich heißt es dann: "Die Organisationen, in denen sich diese Merkmale nach dem Urteil der Hierarchie zusammen vorfinden, sind als Katholische Aktion anzusehen, wenn sie auch wegen der lokalen und nationalen Erfordernisse verschiedene Formen und Namen annehmen. ... Alle apostolischen Vereinigungen sind gebührend zu schätzen. Die aber ... deren Errichtung die Hierarchie als besonders dringlich erklärt, sind von den Priestern, Ordensleuten und Laien besonders hochzuschätzen und nach Möglichkeit eines jeden zu fördern. Zu ihnen gehören heute vor allem die internationalen Vereinigungen und alle nationalen Zusammenschlüsse der Katholiken" (Nr. 21).
4. Das Laienapostolat müsse aber, sowohl als Einzelapostolat, wie in der Gemeinschaft, in rechter Weise in das Apostolat der Gesamtkirche eingeordnet sein: "Das gilt vor allem, wenn eine besondere Aktion in der Kirche Einmütigkeit und apostolische Zusammenarbeit von Weltklerus, Ordensleuten und Laien verlangt" (Nr. 23).
Mit einem Hinweis auf die Wichtigkeit einer entsprechenden Vorbereitung und Bildung und den entsprechenden Bildungsmöglichkeiten für das Laienapostolat, mit einer Betonung des Aufgabenbereiches der kirchlichen Soziallehre und Caritas schließt das Dokument. "Der Herr selbst", so heißt es im Schulartikel, "lädt durch diese heilige Synode alle Laien noch einmal ein, sich von Tag zu Tag inniger mit ihm zu verbinden und sich in seiner heilbringenden Sendung zusammenzuschließen. ... Er sendet sie in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst kommen will. ... In Formen und Weisen des einen Apostolates der Kirche, das dauernd den neuen Bedürfnissen der Zeiten anzupassen ist".
Was die Anpassung an die neuen Bedürfnisse der Zeit angeht, will ich eine persönliche Bemerkung anfügen. Wenn ich in der Geschichte der Kirche zurückblättere, so begegnen mir im Laufe der Zeit sehr verschiedene Vorstellungen vom Stand des Laienchristen innerhalb der Kirche.
Bei Gratian (1140), dem Vater des Kirchenrechtes, finden wir eine Unterscheidung von zwei Arten von Christen: die einen sind Kleriker und Mönche, die anderen aber sind Laien, wörtlich heißt es über sie: "Es gibt auch noch eine andere Art von Christen, die Laien, denen es erlaubt ist, zeitliche Dinge zu besitzen". - In einer Bulle Bonifaz VIII. (1296) wurde schlicht und einfach gesagt, dass die Laien Feinde des Klerus seien. Wenn dies auch auf dem Hintergrund der politischen Verhältnisse von damals zu verstehen ist, so scheint dies doch bereits in die Richtung des späteren kirchenfeindlichen Laizismus zu deuten.
Die zeitbedingte Absonderung des Klerus vom Stande der Nichtkleriker, das heißt, der Laien, ist bekannt. Daher war aus dieser Einstellung von damals jeder Kleriker dem Kaiser übergeordnet. Die Spannung zwischen Sacerdotium und Imperium, die sich auf das gesamte politische, geistige und religiöse Leben bezog, zerbrach vor dem Hintergrunde des abendländischen Schismas. Die Eigengesetzlichkeit einer irdischen Welt - das Laiendekret spricht 800 Jahre später von der Eigengesetzlichkeit einer zeitlichen Ordnung - tritt damals bereits deutlich hervor. Es war damals bereits eine Welt, die sich von den kirchlichen Vorstellungen und Orientierungen immer mehr löste. Die Mündigkeit des Laienchristen, wie es später heißt, wird aber spürbar. Die geistliche und weltliche Vorrangstellung des Klerus bricht in der Reformation zusammen. Die Gemeinschaft der Christgläubigen hingegen wird betont. Bereits früher waren Bruderschaften und Andachten die Antwort im katholischen Volke auf eine lebensfremd gewordene Liturgie und Kirchenordnung. Pius X. und Pius XI. erkannten die Notwendigkeit, Laien zu ermuntern, sich für die Verteidigung der Kirche gegenüber einer säkularisierten Welt einzusetzen.
Auf diesem Hintergrunde einer lange Zeit klerikal überbetonten Kirche ist das Dekret über das Laienapostolat eine innerkirchliche Erneuerung größten Ausmaßes. Nicht nur die Kleriker, sondern Priester und Laien sind "die Kirche".
Ich kann meinen Beitrag aber nicht abschließen, ohne darauf hinzuweisen, dass meine Erklärungen und Kommentare als Teilnehmer am Konzil aus westlicher Sicht zu verstehen sind. Die Erfahrungen, die Sie in der Zeit der Verfolgung und des Schweigens der Kirche gemacht haben, ergeben darüber hinaus ohne Zweifel zusätzliche und neue Aspekte. Es gilt also auch hier, dass die Kirche diesseits und jenseits des Eisernen Vorhanges manches voneinander lernen müsse. Was das Laienapostolat angeht, so sollten Sie Ihre Erfahrungen, Ihre leidvollen Erkenntnisse, ebenfalls einbringen, um in einem Kommentar die andere Seite der kirchlichen Erfahrung auf diesem Gebiet der Gesamtkirche einzubringen.
Sie wissen sehr wohl, dass in Bezug auf Laienapostolat in manchen Teilen der östlichen Welt gewisse Vorbehalte bestanden oder noch bestehen. Wie weit dabei ein einseitiges Kirchenbild mitbeteiligt war, können Sie besser beurteilen als ich.
Auf der anderen Seite brachte auch der Erfahrungsprozess, den die Kirche außerhalb des kommunistischen Einflussbereiches durchgemacht hat, ohne Zweifel manche Einseitigkeiten in das Verhältnis zwischen einer westlichen und einer östlichen Kirche. Diese Spannungen und Gegensätze, die sowohl im Bereich der theologischen Auseinandersetzungen, wie auch der medialen Berichterstattung zeitweise auftauchen, brauchen ein verständnisvolles und liebevolles Zusammenarbeiten auf beiden Seiten. Nicht das Gegeneinander, sondern das Füreinander muss unsere Parole sein. Gemeinsam kämpfen wir in einem neu entstehenden Europa für Gottes Heilswege in einer sich ständig und rasch wandelnden Welt.