"Erst im Gebet wird Glaube lebendig"
"Erst im Gebet entfaltet sich die Religion und wird der Glaube lebendig": An diese Überzeugung von Kardinal Franz König (1905-2004) hat dessen langjährige Büroleiterin, die Kirchenhistorikerin Annemarie Fenzl, erinnert. Im "Kirche In"-Interview (Ausgabe Juli/August 2022) blickte sie auf die für den unvergessenen Wiener Erzbischof und Konzilsvater unverzichtbare "Grundnahrung der Seele" zurück: "Für Kardinal König war das Gebet lebenswichtig."
Immer wieder habe er dazu Worte des Dichters der Romantik, Novalis, zitiert, berichtete Fenzl: Beten ist das in der Religion, was Denken in der Philosophie ist... Der religiöse Sinn betet, wie das Denkorgan denkt." Laut der engen Mitarbeiterin Königs bedeutet das: Ob wir wollen oder nicht - unser Denkorgan denkt immer irgendetwas - und sei es auch banal statt weltbewegend. "Ähnlich verhält es sich mit dem religiösen Sinn - er ist immer da, im Hintergrund, verschüttet vielfach, aber grundsätzlich bereit", wies Fenzl hin.
Kardinal König habe sein Leben lang immer wieder versucht, diesen "religiösen Sinn" bei den Menschen zu wecken und er hat es mit den Jahren zunehmend vorgelebt: die Einheit von Leben und Glauben, actio und contemplatio, nicht hinter Klostermauern, sondern mitten im Leben."
"Müssen viel mehr füreinander beten"
Diese Haltung habe den Kardinal auch frei dafür gemacht, immer zuerst über die Bedürfnisse der anderen als über die eigenen nachzudenken. "Wir müssen viel mehr füreinander beten", so Königs gegen Ende seines Lebens immer stärkere Überzeugung. "Die Welt ändert sich nur, wenn wir uns ändern."
Fenzl bekannte, vom Vorbild des vor 18 Jahren Verstorbenen bis heute geprägt zu sein: "Ich persönlich verdanke ihm und seinem Beispiel die Geborgenheit im Glauben, die mich, das weiß ich, bis ans Ende meines Lebens tragen wird." Sie sehe auch einen engen Zusammenhang zwischen körperlicher und seelischer Ausgeglichenheit, so die Leiterin des Kardinal-König-Archivs: "In jedem Fall ist eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott, von dem wir glauben, dass er die Liebe ist, ein großes Geschenk, sind friedliche Gedanken zielführender als Hass. Und was braucht unsere Welt heute mehr?"
Quelle: Kathpress